Schlafhygiene
Besser schlafen trotz Stress. Praktische Tipps für erholsame Nächte und einen geregelten Schlafrhythmus.
Artikel lesenDas Smartphone vibriert, eine E-Mail nach der anderen, Push-Benachrichtigungen ohne Ende. Wenn digitale Dauererreichbarkeit zum Stressfaktor wird, braucht es Gegenmassnahmen.
Durchschnittlich 58 Mal pro Tag schauen Schweizerinnen und Schweizer auf ihr Smartphone. Oft unbewusst, als Reflex. Morgens beim Aufwachen, abends vor dem Einschlafen, zwischendurch in jeder freien Minute. Das Gerät ist ständiger Begleiter und für viele zugleich eine permanente Stressquelle.
Das Smartphone selbst ist neutral. Problematisch wird es durch die Art, wie wir es nutzen. Die ständige Verfügbarkeit von Informationen, Kommunikation und Unterhaltung führt zu einem Phänomen, das Forscher als «kontinuierliche partielle Aufmerksamkeit» bezeichnen: Man ist nie ganz bei einer Sache, sondern immer ein bisschen woanders.
Jede Benachrichtigung löst eine kleine Stressreaktion aus. Das Gehirn unterbricht, was es gerade tut, und richtet die Aufmerksamkeit auf den neuen Reiz. Das kostet Energie. Wer den ganzen Tag über von Push-Meldungen unterbrochen wird, steht unter Dauerbelastung, selbst wenn die einzelnen Unterbrechungen harmlos erscheinen.
Durchschnittlich erhalten wir über 60 Benachrichtigungen pro Tag. Manche Apps melden sich mehrmals pro Stunde. Jede einzelne Meldung fordert Aufmerksamkeit, und sei es nur für den Bruchteil einer Sekunde, in dem man entscheidet, ob man reagiert oder nicht.
Das Problem: Unser Gehirn ist nicht dafür gemacht, permanent auf Signale zu reagieren. Studien zeigen, dass allein die Erwartung einer Benachrichtigung die Konzentration senkt. Man arbeitet an einer Aufgabe, doch ein Teil der Aufmerksamkeit bleibt beim Smartphone, für den Fall, dass etwas Wichtiges kommt.
In der Schweiz haben viele Arbeitnehmende geschäftliche E-Mails auf dem privaten Smartphone. Das klingt praktisch, verwischt aber die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit. Wer abends auf dem Sofa noch Mails checkt, schaltet mental nicht ab. Der Arbeitsmodus bleibt aktiv.
Besonders belastend: die Erwartung, auch ausserhalb der Arbeitszeit erreichbar sein zu müssen. Selbst wenn der Chef oder die Chefin das nicht ausdrücklich verlangt, haben viele Beschäftigte verinnerlicht, dass schnelle Reaktionszeiten zur Professionalität gehören. Diese selbst auferlegte Erreichbarkeit ist ein unterschätzter Stressfaktor.
Rechtslage in der Schweiz: Es gibt kein gesetzliches Recht auf Nicht-Erreichbarkeit nach Feierabend. Arbeitgeber dürfen jedoch nicht erwarten, dass Mitarbeitende ausserhalb der Arbeitszeit ständig verfügbar sind, es sei denn, das ist vertraglich geregelt (etwa bei Pikettdiensten).
Soziale Medien zeigen meist das Beste aus dem Leben anderer: Ferien, Erfolge, perfekte Momente. Wer täglich durch Instagram, TikTok oder LinkedIn scrollt, vergleicht unwillkürlich das eigene Leben mit diesen Highlights. Das Ergebnis: Unzufriedenheit, Neid, das Gefühl, nicht genug zu sein oder zu wenig zu erleben.
Dazu kommt FOMO – die Angst, etwas zu verpassen. Was posten die anderen gerade? Welche Neuigkeiten habe ich verpasst? Diese permanente Unruhe treibt viele dazu, ständig nachzuschauen. Paradoxerweise verstärkt das die Unzufriedenheit: Je mehr Zeit man in sozialen Medien verbringt, desto gestresster und unglücklicher wird man.
Digital Detox bedeutet nicht, das Smartphone wegzuwerfen oder komplett offline zu gehen. Es geht darum, einen bewussten, selbstbestimmten Umgang mit digitalen Medien zu entwickeln. Hier sind realistische Strategien, die sich im Alltag umsetzen lassen.
Die wirksamste Sofortmassnahme: 90 Prozent aller Benachrichtigungen ausschalten. Überlegen Sie ehrlich: Bei wie vielen Apps ist es wirklich nötig, sofort informiert zu werden? Vermutlich bei sehr wenigen.
Statt dass die Apps Sie unterbrechen, entscheiden Sie selbst, wann Sie nachschauen. Das gibt die Kontrolle zurück.
Statt den ganzen Tag über E-Mails zu checken: zwei bis drei feste Zeitfenster einplanen. Etwa morgens um 9 Uhr, mittags um 13 Uhr, nachmittags um 16 Uhr. Ausserhalb dieser Zeiten bleibt das E-Mail-Programm geschlossen.
Das reduziert Unterbrechungen massiv und ermöglicht konzentriertes Arbeiten. Die meisten E-Mails sind nicht so dringend, wie sie erscheinen. Wer wirklich etwas Dringendes will, ruft an.
Bestimmte Orte oder Zeiten werden handyfrei:
Diese Inseln schaffen Distanz und verhindern, dass das Smartphone jede Lebenssituation durchdringt.
Sowohl iOS als auch Android bieten integrierte Tools, die zeigen, wie viel Zeit man täglich am Smartphone verbringt und mit welchen Apps. Allein das Bewusstmachen kann schon eine Verhaltensänderung auslösen. Viele sind erschrocken, wenn sie sehen, dass sie täglich drei Stunden auf Instagram oder TikTok verbringen.
Man kann auch App-Limits setzen: etwa maximal 30 Minuten Social Media pro Tag. Das Handy meldet sich dann, wenn die Zeit abgelaufen ist.
Was auf der Startseite des Smartphones liegt, wird häufiger geöffnet. Wer Instagram, LinkedIn oder Newsportale auf dem Homescreen hat, öffnet sie reflexartig. Besser: Diese Apps in Ordner packen oder ganz von der Startseite entfernen. Was einen Klick mehr braucht, wird seltener genutzt.
Auf dem Homescreen bleiben nur wirklich nützliche Tools: Kalender, Karten, ÖV-App, vielleicht eine Meditations-App. Alles, was Zeit frisst, wandert nach hinten.
Klingt simpel, funktioniert aber: Wer das Smartphone auf Schwarz-Weiss umstellt, findet es weniger attraktiv. Bunte Bilder, leuchtende Icons und farbige Videos verlieren dann ihren Reiz. Das Gerät wird zum Werkzeug, nicht mehr zum Unterhaltungsmedium.
Ein ganzer Tag pro Monat ohne Smartphone. Oder zumindest ohne Internet. Das klingt für manche unrealistisch, ist aber machbar, wenn man es plant. Freunde und Familie Bescheid geben, wichtige Dinge vorher erledigen, dann bewusst offline gehen.
Viele berichten, dass diese Tage besonders erholsam sind. Man ist präsenter, nimmt die Umgebung bewusster wahr, kommt zur Ruhe.
Die grösste Herausforderung für viele: berufliche Erreichbarkeit begrenzen. Hier einige Ansätze, die im Schweizer Arbeitskontext funktionieren.
Wer die Möglichkeit hat, sollte geschäftliche E-Mails nicht auf dem privaten Handy haben. Das schafft eine klare Trennung: Feierabend bedeutet auch digital Feierabend.
Manche setzen eine automatische Abwesenheitsnotiz, die nach 18 Uhr aktiviert wird: «Ich bin ausserhalb meiner Arbeitszeit nicht erreichbar. Ihre Nachricht wird am nächsten Werktag bearbeitet.» Das setzt klare Erwartungen.
Wenn die Erwartung besteht, abends erreichbar zu sein, lohnt sich ein offenes Gespräch. «Ich möchte nach Feierabend nicht mehr auf Mails reagieren, um mich besser erholen zu können. Gibt es Situationen, in denen das ein Problem wäre?» Oft sind Vorgesetzte verständnisvoller als erwartet.
In manchen Teams herrscht eine unausgesprochene Norm: Wer abends noch antwortet, gilt als engagiert. Das ist toxisch. Wer das ändern will, kann es im Team ansprechen: «Lasst uns eine Regel einführen, dass wir nach 19 Uhr keine arbeitsbezogenen Nachrichten mehr verschicken.» Oft sind auch Kolleginnen und Kollegen erleichtert, wenn jemand das Thema aufbringt.
Die Schweizer Arbeitskultur ist leistungsorientiert. Viele Beschäftigte haben das Gefühl, ständig verfügbar sein zu müssen, um als zuverlässig zu gelten. Homeoffice hat diese Tendenz noch verstärkt: Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen.
Gleichzeitig wächst das Bewusstsein, dass diese Dauererreichbarkeit krank macht. Immer mehr Unternehmen führen Richtlinien ein, die Erreichbarkeit ausserhalb der Arbeitszeit begrenzen. Beschäftigte haben das Recht, nach Feierabend abzuschalten, im wörtlichen und übertragenen Sinn.
Soziale Medien komplett zu meiden, ist für viele keine Option. Sie dienen der Vernetzung, Information und manchmal auch der beruflichen Präsenz. Die Frage ist also nicht ob, sondern wie man sie nutzt.
Wem Sie folgen, beeinflusst, wie Sie sich fühlen. Accounts, die ständig Neid, Druck oder schlechte Gefühle auslösen, können entfolgt werden. Stattdessen: Inhalten folgen, die inspirieren, informieren oder tatsächlich unterhalten.
30 Minuten pro Tag für Social Media reichen meist völlig. Wer merkt, dass man sich im endlosen Scroll verliert, sollte einen Timer setzen.
Wer morgens als erstes Instagram öffnet, startet den Tag reaktiv, mit den Inhalten anderer. Besser: erst aufstehen, frühstücken, vielleicht etwas Bewegung, und dann erst (wenn überhaupt) auf Social Media gehen.
Digital Detox muss nicht bedeuten, eine Woche in die Berge zu fahren und das Handy zu Hause zu lassen. Solche Extrem-Massnahmen sind für die meisten weder praktikabel noch nachhaltig. Entscheidend sind kleine, dauerhafte Veränderungen im Alltag.
Schon das Ausschalten der meisten Push-Benachrichtigungen macht einen riesigen Unterschied. Oder die Regel, nach 20 Uhr nicht mehr aufs Handy zu schauen. Das sind keine radikalen Einschnitte, aber sie geben Kontrolle zurück und reduzieren Stress spürbar.
Das Smartphone ist ein mächtiges Werkzeug. Es kann das Leben erleichtern oder es dominieren. Der Unterschied liegt darin, wer die Kontrolle hat. Nutzen Sie das Gerät bewusst, statt sich von ihm nutzen zu lassen.
Digital Detox ist keine Entweder-oder-Entscheidung. Es geht nicht darum, Technologie zu verteufeln. Es geht darum, einen gesunden Umgang damit zu finden, der Stress reduziert statt ihn zu verursachen.