Therapeutensuche
Wie finde ich einen passenden Therapeuten? Praktische Tipps zur Suche und worauf Sie achten sollten.
Artikel lesenEin stationärer Aufenthalt ist kein Zeichen von Versagen, sondern eine medizinische Massnahme. Was Sie über psychiatrische Kliniken in der Schweiz wissen sollten: von der Aufnahme bis zur Rückkehr in den Alltag.
Psychiatrische Kliniken sind spezialisierte medizinische Einrichtungen für die Behandlung psychischer Erkrankungen. In der Schweiz verfügt jeder Kanton über mindestens eine psychiatrische Klinik, viele Kantone betreiben auch Universitätskliniken mit Forschungsauftrag. Der Gedanke an einen Klinikaufenthalt löst bei vielen Menschen Unbehagen aus, oft aufgrund veralteter Vorstellungen oder medialer Zerrbilder. Die Realität moderner Psychiatrie sieht anders aus.
Nicht jede psychische Belastung erfordert stationäre Behandlung. Die meisten Menschen mit Depression, Angststörung oder Burnout werden ambulant behandelt. Ein Klinikaufenthalt wird erwogen, wenn:
Der Entscheid erfolgt in der Regel gemeinsam mit Hausarzt, Psychiater oder Notarzt. Manchmal ist der Betroffene selbst nicht in der Lage, die Notwendigkeit einzuschätzen, dann entscheiden Fachpersonen.
Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Formen der Aufnahme:
Die überwiegende Mehrheit der Klinikaufenthalte erfolgt freiwillig. Sie selbst oder Ihre Angehörigen kontaktieren die Klinik, ein Arzt stellt die Einweisung aus, und Sie werden aufgenommen. Sie können die Klinik jederzeit wieder verlassen, sofern keine Gefährdung besteht.
Eine fürsorgerische Unterbringung (früher: «fürsorgerische Freiheitsentziehung», FFE) erfolgt gegen oder ohne den Willen der betroffenen Person. Sie ist nur zulässig, wenn:
Die FU muss von der zuständigen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) angeordnet werden. In Notfällen kann ein Arzt die Person für maximal 6 Wochen einweisen; danach muss die KESB entscheiden. Die betroffene Person hat Rechtsmittel und kann Beschwerde einlegen.
Wichtig: Eine FU ist keine Strafe, sondern eine medizinische Schutzmassnahme. Sie wird nur in klaren Gefährdungssituationen angewandt und regelmässig überprüft.
Rechtlicher Hinweis: Auch bei fürsorgerischer Unterbringung haben Sie Rechte: Sie dürfen Anwalt und Vertrauensperson kontaktieren, haben Anspruch auf Information über Ihre Rechte und können gegen die Massnahme Beschwerde führen.
Psychiatrische Kliniken bieten verschiedene Behandlungsformen, die je nach Schweregrad und Situation kombiniert werden:
Sie wohnen auf der Station und werden rund um die Uhr betreut. Mahlzeiten, Therapien und medizinische Versorgung finden in der Klinik statt. Geeignet bei akuten Krisen, schweren Episoden oder wenn Stabilisierung im geschützten Rahmen notwendig ist.
Sie kommen tagsüber in die Klinik (ca. 8–17 Uhr), nehmen an strukturierten Therapieprogrammen teil und gehen abends nach Hause. Diese Form eignet sich für Menschen, die nicht mehr akut gefährdet sind, aber noch intensive Betreuung benötigen. Sie ermöglicht den Übergang zwischen stationär und ambulant.
Sie kommen zu einzelnen Terminen (Psychiater-Gespräche, Therapiesitzungen, Gruppenangebote), leben aber zuhause. Viele Kliniken betreiben ambulante Sprechstunden, die auch ohne vorherigen stationären Aufenthalt genutzt werden können.
Häufig durchlaufen Patienten mehrere Stufen: zunächst stationär zur Stabilisierung, dann tagesklinisch zur Festigung, schliesslich ambulant zur Nachbetreuung.
Bei der Aufnahme erfolgt ein ausführliches Erstgespräch mit einem Arzt oder Psychologen. Sie werden nach Ihren Beschwerden, Ihrer Vorgeschichte, aktuellen Medikamenten und Ihrer Lebenssituation gefragt. Anschliessend wird ein Behandlungsplan erstellt.
Der Klinikalltag ist strukturiert. Morgens Frühstück und oft eine morgendliche Besprechung, dann folgen Einzelgespräche, Gruppentherapien, Ergotherapie, Bewegungsangebote oder kreative Therapien. Mahlzeiten sind feste Zeitpunkte, abends meist ein Abendprogramm. Pausen und Ruhezeiten sind eingeplant.
Sie teilen sich in der Regel ein Zimmer mit ein bis drei Mitpatienten. Es gibt Gemeinschaftsräume, oft einen Garten oder Aussenbereich, manchmal Fitnessraum oder Bibliothek. Mobiltelefone sind meist erlaubt, Internet je nach Station reguliert. Besuche sind in festgelegten Zeiten möglich.
Die Aufenthaltsdauer variiert stark:
Die Dauer wird nicht zu Beginn festgelegt, sondern richtet sich nach dem Behandlungsverlauf. Regelmässig wird gemeinsam besprochen, ob Sie weiterhin stationär bleiben oder in eine andere Form wechseln können.
Ein stationärer Klinikaufenthalt kostet zwischen CHF 400 und CHF 800 pro Tag, je nach Klinik und Abteilung. Diese Kosten werden von der obligatorischen Grundversicherung übernommen, sofern die Einweisung medizinisch indiziert ist.
Sie zahlen wie bei allen Gesundheitsleistungen:
Bei finanziellen Schwierigkeiten kann die Sozialhilfe einspringen. Sprechen Sie die Sozialberatung der Klinik darauf an.
Mit einer Zusatzversicherung können Sie ein Einzel- oder Zweierzimmer sowie freie Arztwahl in Anspruch nehmen. Dies ist medizinisch nicht notwendig, kann aber den Komfort erhöhen.
Die Schweiz verfügt über ein dichtes Netz psychiatrischer Kliniken. Hier eine Auswahl nach Regionen:
Die meisten Kantone betreiben öffentliche psychiatrische Dienste mit mehreren Standorten. Daneben gibt es Privatkliniken, die ebenfalls von der Grundversicherung anerkannt sind.
Die Entlassung wird sorgfältig vorbereitet. Bereits während des Aufenthalts wird der Übergang geplant:
Die ersten Wochen nach der Entlassung sind kritisch. Viele Menschen fühlen sich zunächst unsicher. Wichtig ist, die vereinbarten Termine einzuhalten und sich nicht zu übernehmen. Eine schrittweise Wiedereingliederung (beruflich und privat) ist sinnvoller als der Versuch, sofort zu alter Leistung zurückzukehren.
Auch in psychiatrischen Kliniken haben Sie umfassende Patientenrechte:
Unabhängige Patientenberatung: In jedem Kanton gibt es Patientenstellen, die kostenlos und unabhängig beraten. Kontakt über patientenstelle.ch
«Wenn man einmal drin ist, kommt man nicht mehr raus.» Solche Ängste sind verbreitet, aber unbegründet. Moderne psychiatrische Kliniken sind medizinische Einrichtungen mit klaren rechtlichen Rahmenbedingungen. Der Aufenthalt dauert so lange wie nötig und so kurz wie möglich. Die meisten Patienten verlassen die Klinik deutlich stabilisiert und mit einem Behandlungsplan.
Ein Klinikaufenthalt ist keine Schande, sondern ein Zeichen dafür, dass Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Menschen berichten im Nachhinein, dass der geschützte Rahmen, die Auszeit vom Alltag und die intensive Betreuung entscheidend für ihre Stabilisierung waren.