Psychiatrische Kliniken
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Artikel lesenDer Austausch mit Menschen in ähnlicher Lage kann enorm entlasten. Selbsthilfegruppen bieten genau das: gemeinsame Bewältigung, gegenseitige Unterstützung und das Wissen, nicht allein zu sein.
«Niemand versteht, was ich durchmache.» Ein Satz, den viele Menschen mit psychischen Belastungen kennen. Selbsthilfegruppen schaffen einen Raum, in dem dieser Satz nicht mehr gilt. Hier treffen sich Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben: mit Depression, Burnout, Angststörungen oder anderen Belastungen. Das Prinzip ist einfach: Betroffene helfen Betroffenen.
Eine Selbsthilfegruppe ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Menschen mit ähnlichen Problemen oder Lebenslagen. Im Unterschied zu professioneller Therapie wird die Gruppe nicht von einem Therapeuten geleitet, sondern von den Teilnehmenden selbst organisiert. Manchmal gibt es eine Moderation durch erfahrene Gruppenmitglieder, aber die Grundidee ist: Alle sind gleichberechtigt, alle bringen ihre Erfahrungen ein.
Selbsthilfegruppen gibt es zu nahezu allen Themen: chronische Krankheiten, Sucht, psychische Störungen, Trauer, Lebenskrisen. Der Fokus liegt auf gegenseitiger Unterstützung, Erfahrungsaustausch und gemeinsamer Bewältigung.
Selbsthilfegruppen treffen sich regelmässig, meist alle ein bis zwei Wochen. Die Treffen dauern zwischen 60 und 90 Minuten. Typischer Ablauf:
Die Atmosphäre ist meist informell, aber vertraulich. Was in der Gruppe besprochen wird, bleibt in der Gruppe. Viele Gruppen haben einfache Regeln: respektvoller Umgang, keine Ratschläge aufdrängen, ausreden lassen.
Wichtig: Selbsthilfegruppen sind keine Psychotherapie. Es gibt keine Diagnosen, keine therapeutischen Interventionen im klinischen Sinn. Dennoch können sie therapeutisch wirksam sein, und zwar durch soziale Unterstützung, Normalisierung («Ich bin nicht der Einzige»), Modelllernen («Wenn sie das geschafft hat, kann ich das auch») und praktischen Austausch.
Die Vorteile von Selbsthilfegruppen sind vielfältig:
In der Gruppe treffen Sie Menschen, die wirklich verstehen, was Sie durchmachen. Keine gut gemeinten Ratschläge von aussen, sondern echtes Verstehen aus eigener Erfahrung. Das reduziert Scham und Isolation.
Gruppenmitglieder teilen Strategien, die ihnen geholfen haben: Welche Entspannungstechnik funktioniert? Wie spreche ich mit dem Arbeitgeber? Wo finde ich einen guten Therapeuten? Dieses Erfahrungswissen ist oft konkreter als Lehrbücher.
Viele psychische Belastungen führen zu sozialem Rückzug. Die Gruppe bietet einen Ort der Zugehörigkeit. Manche Gruppen unternehmen auch gemeinsam etwas ausserhalb der Treffen.
Wenn Sie anderen helfen, durch Zuhören, Ermutigung, Teilen Ihrer eigenen Strategien, stärkt das Ihr Gefühl, nicht nur Opfer zu sein, sondern aktiv handeln zu können.
Regelmässige Treffen strukturieren den Alltag. Die Gruppe erwartet Sie, das motiviert, hinzugehen, auch wenn es schwerfällt.
Selbsthilfegruppen sind meist kostenlos, ohne Wartelisten, ohne Überweisungen. Sie können einfach hingehen.
Es gibt Gruppen zu nahezu allen psychischen Belastungen:
Manche Gruppen sind offen (man kann jederzeit dazukommen), andere geschlossen (feste Teilnehmer über einen bestimmten Zeitraum). Es gibt störungsspezifische Gruppen und allgemeine Gruppen für psychische Gesundheit.
Die zentrale Anlaufstelle ist Selbsthilfe Schweiz, der Dachverband der Selbsthilfeorganisationen. Auf der Website finden Sie:
Website: selbsthilfeschweiz.ch
Jeder Kanton hat eine Kontaktstelle für Selbsthilfe. Diese beraten Sie persönlich, telefonisch oder per E-Mail:
Der Schritt zur ersten Gruppensitzung kostet oft Überwindung. Hier ein paar Hinweise, was Sie erwartet:
Tipp: Sie müssen nicht Ihre ganze Geschichte beim ersten Mal erzählen. Ein kurzes «Ich habe mit Depression zu kämpfen und suche Austausch» reicht völlig.
Treffen vor Ort, in Gemeinschaftsräumen, Beratungsstellen oder privat. Vorteile: direkter Kontakt, nonverbale Kommunikation, oft stärkere Bindung. Nachteil: Anfahrt nötig, weniger anonym.
Treffen per Videochat (Zoom, Teams) oder in geschlossenen Foren. Vorteile: ortsunabhängig, anonym, niedrige Hemmschwelle. Nachteil: technische Hürden, weniger persönlicher Kontakt.
Seit der Pandemie sind Online-Gruppen häufiger geworden. Viele Organisationen bieten beides an. Wenn Mobilität eingeschränkt ist oder Sie in einer ländlichen Region wohnen, sind Online-Gruppen eine gute Option.
Sie haben gesucht, aber keine passende Gruppe gefunden? Sie können selbst eine gründen. Das klingt aufwendig, ist aber machbar, und die kantonalen Selbsthilfestellen unterstützen Sie dabei.
Viele erfolgreiche Gruppen sind entstanden, weil eine Person den Mut hatte zu sagen: «Ich brauche das, und andere vielleicht auch.»
Unterstützung: Die kantonalen Selbsthilfestellen bieten Startberatung, Moderationsschulungen und teilweise finanzielle Unterstützung für Raummiete oder Material.
Selbsthilfegruppen sind kein Ersatz für professionelle Therapie, sondern eine Ergänzung. Hier die wichtigsten Unterschiede:
Viele Menschen profitieren davon, beides zu nutzen: In der Therapie bearbeiten Sie tiefer liegende Themen, lernen neue Strategien. In der Selbsthilfegruppe finden Sie soziale Unterstützung, Austausch und Alltagshilfe. Studien zeigen, dass diese Kombination oft bessere Ergebnisse bringt als Therapie allein.
So wertvoll Selbsthilfegruppen sind, sie haben Grenzen:
Selbsthilfegruppen sind eine Säule der Unterstützung, aber nicht die einzige. Im Idealfall arbeiten Selbsthilfe, Therapie und soziales Netz zusammen.
Selbsthilfegruppen sind kein Allheilmittel, aber eine wertvolle Ressource, die oft zu wenig genutzt wird. Viele Menschen berichten, dass der Austausch mit anderen Betroffenen ihnen mehr geholfen hat als manche professionelle Massnahme, nicht weil Therapie unwirksam wäre, sondern weil Selbsthilfe eine andere Dimension abdeckt: das Gefühl, verstanden zu werden und nicht allein zu sein.
Wenn Sie überlegen, ob eine Selbsthilfegruppe für Sie infrage kommt: Probieren Sie es aus. Sie gehen kein Risiko ein, ausser einer Stunde Zeit. Und diese Stunde könnte der Beginn einer wichtigen Veränderung sein.