Gespräch mit dem Vorgesetzten
Wie spreche ich Überlastung an, ohne meine Position zu gefährden? Tipps für ein konstruktives Gespräch.
Artikel lesenDer Weg zurück in den Job nach längerer Krankheit braucht Zeit und Struktur. Wie die stufenweise Wiedereingliederung funktioniert, wer beteiligt ist und wie Sie Rückfälle verhindern.
Nach Wochen oder Monaten krankheitsbedingter Abwesenheit wieder in den Arbeitsalltag einzusteigen, ist anspruchsvoll. Besonders bei psychischen Erkrankungen wie Burnout ist die Rückkehr heikel: Zu schnell, und man riskiert einen Rückfall. Zu zögerlich, und die Unsicherheit wächst. Die stufenweise Wiedereingliederung bietet einen strukturierten Mittelweg.
Nach längerer Krankheit direkt auf 100 Prozent zurückzukehren, überfordert viele Betroffene. Gerade nach Burnout und stressbedingter Erschöpfung brauchen Körper und Psyche Zeit, sich an die Belastung zu gewöhnen. Eine stufenweise Wiedereingliederung ermöglicht es:
In der Schweiz gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung, aber viele Arbeitgeber bieten sie an, oft in Zusammenarbeit mit der Krankentaggeldversicherung oder der Invalidenversicherung (IV).
Wichtig: Besprechen Sie die Wiedereingliederung frühzeitig mit Ihrem Arzt, dem Arbeitgeber und gegebenenfalls der Versicherung. Je besser koordiniert, desto erfolgreicher der Prozess.
Bei der stufenweisen Wiedereingliederung kehren Sie nicht sofort in Vollzeit zurück, sondern steigern Ihr Pensum schrittweise, etwa von 20 auf 40, dann 60, 80 und schliesslich 100 Prozent. Jede Stufe dauert einige Wochen, je nach individuellem Verlauf.
Die Wiedereingliederung ist keine Therapie, sondern ein strukturierter Arbeitseinstieg unter medizinischer Begleitung. Sie sind während dieser Phase teilweise arbeitsunfähig und teilweise arbeitsfähig, und die Versicherung übernimmt entsprechend.
Wiedereingliederung ist nicht dasselbe wie dauerhafte Teilzeitarbeit. Es geht darum, die volle Arbeitsfähigkeit schrittweise wiederzuerlangen. Ziel ist in der Regel die Rückkehr auf das ursprüngliche Pensum, sofern das medizinisch und persönlich vertretbar ist.
Eine erfolgreiche Wiedereingliederung ist Teamarbeit. Folgende Akteure spielen eine Rolle:
Sie sind die wichtigste Person im Prozess. Nur Sie spüren, ob das Tempo passt, ob die Belastung tragbar ist und ob es Anpassungen braucht. Kommunizieren Sie offen: Wenn es zu viel wird, sagen Sie es sofort.
Ihre Ärztin oder Ihr Arzt (oft Hausarzt, Psychiater oder Psychotherapeut) begleitet den Prozess medizinisch. Sie stellt Arztzeugnisse aus, die den Grad der Arbeitsfähigkeit bescheinigen (z.B. «50 Prozent arbeitsfähig ab dem 1. März für vier Wochen»).
Wichtig: Regelmässige Kontrolltermine, um den Verlauf zu besprechen und das Tempo anzupassen.
Der Arbeitgeber muss der stufenweisen Wiedereingliederung zustimmen und den Prozess unterstützen. Dazu gehört:
Ein guter Arbeitgeber sieht die Wiedereingliederung als Investition: Lieber einen motivierten, gesunden Mitarbeiter zurückgewinnen, als jemanden durch Überforderung erneut zu verlieren.
Falls Sie über eine Krankentaggeldversicherung (KTG) versichert sind, was bei vielen Schweizer Arbeitgebern der Fall ist, übernimmt diese die Lohnfortzahlung für den Teil, in dem Sie arbeitsunfähig sind.
Beispiel: Sie arbeiten 50 Prozent, sind also 50 Prozent arbeitsfähig und 50 Prozent arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber zahlt 50 Prozent Lohn, die KTG zahlt Taggeld für die restlichen 50 Prozent (in der Regel 80 Prozent des ausgefallenen Lohns).
Die Versicherung muss den Wiedereingliederungsplan genehmigen. Halten Sie sie informiert und liefern Sie die nötigen Arztzeugnisse fristgerecht.
Wenn die Arbeitsunfähigkeit länger dauert (in der Regel über sechs Monate) oder eine dauerhafte Einschränkung droht, wird oft die IV involviert. Sie kann Wiedereingliederungsmassnahmen finanzieren, zum Beispiel:
Die IV-Stelle meldet sich in der Regel von selbst, wenn Sie längere Zeit krankgeschrieben sind. Falls nicht, können Sie sich auch proaktiv bei Ihrer kantonalen IV-Stelle melden.
Tipp: Lassen Sie sich von der IV nicht abschrecken. IV-Massnahmen bedeuten nicht automatisch Invalidität, sondern sie sollen helfen, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen.
Jede Wiedereingliederung ist individuell, aber ein häufiges Muster sieht so aus:
Woche 1–4: Ein Tag pro Woche oder zwei halbe Tage. Fokus auf einfache, klar definierte Aufgaben. Hauptziel: wieder ankommen, Routinen spüren.
Woche 5–8: Zwei volle Tage oder vier halbe Tage. Mehr Verantwortung, aber noch keine hochkomplexen Projekte. Belastung beobachten.
Woche 9–12: Drei Tage pro Woche. Normale Aufgaben wieder aufnehmen. Wenn möglich: noch keine Überstunden oder Hochdruckphasen.
Woche 13–16: Vier Tage pro Woche. Fast volle Integration ins Team. Regelmässige Reflexion: Geht es noch gut?
Ab Woche 17: Vollständige Rückkehr. Dennoch: Achtsamkeit bewahren, Frühwarnsignale ernst nehmen, regelmässige Check-ins mit Arzt und Arbeitgeber.
Diese Zeitspanne ist ein Richtwert. Manche Wiedereingliederungen dauern kürzer, andere länger. Entscheidend ist, dass der Prozess auf Ihre individuelle Situation abgestimmt ist.
Die Dauer hängt von mehreren Faktoren ab:
Generell gilt: Lieber etwas langsamer und nachhaltig als zu schnell und mit Rückfall.
Achtung: Wenn Sie während der Wiedereingliederung merken, dass es nicht funktioniert, dass die Symptome zurückkommen oder Sie nicht belastbar genug sind, sprechen Sie sofort mit Ihrem Arzt. Es ist keine Schande, einen Schritt zurückzugehen oder das Tempo anzupassen.
Während der Wiedereingliederung sind Sie teilweise krank und teilweise arbeitsfähig. Rechtlich bedeutet das:
Die Sperrfrist gemäss Art. 336c OR gilt: Während Krankheit darf nicht gekündigt werden. Bei einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit gilt die volle Sperrfrist (30 Tage im ersten Dienstjahr, 90 Tage ab dem zweiten Jahr, 180 Tage ab dem sechsten Jahr).
Bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit ist die Rechtslage komplexer. In der Praxis gilt: Solange Sie ein Arztzeugnis haben, das eine teilweise Arbeitsunfähigkeit bestätigt, ist eine Kündigung problematisch und kann angefochten werden. Lassen Sie sich im Zweifel rechtlich beraten.
Für den Teil, den Sie arbeiten, erhalten Sie Lohn. Für den Teil, in dem Sie arbeitsunfähig sind, greift entweder:
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden zu gewährleisten (Art. 328 OR). Dazu gehört auch, bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen, etwa Reduktion von Überstunden, andere Aufgabenzuteilung oder flexible Arbeitszeiten.
Das bedeutet nicht, dass Sie alles verlangen können, aber der Arbeitgeber muss sich im Rahmen des Zumutbaren bemühen.
Nicht jede Wiedereingliederung gelingt. Manchmal stellt sich heraus, dass der alte Job nicht mehr passt oder dass die Belastung zu hoch bleibt.
Wenn es zu schnell geht: Tempo reduzieren. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt und dem Arbeitgeber. Es ist besser, länger bei 50 Prozent zu bleiben, als bei 80 Prozent zusammenzubrechen.
Vielleicht ist nicht das Pensum das Problem, sondern die Art der Aufgaben. Manche Arbeitgeber ermöglichen interne Versetzungen oder andere Tätigkeiten, die weniger belastend sind.
Wenn klar wird, dass 100 Prozent dauerhaft zu viel sind, kann eine permanente Teilzeitlösung sinnvoll sein. Das ist keine Niederlage, sondern eine realistische Anpassung.
Manchmal zeigt die Wiedereingliederung, dass der bisherige Job nicht mehr die richtige Wahl ist. In diesem Fall können IV-Umschulungsmassnahmen oder eine berufliche Neuorientierung der gesündere Weg sein.
Wichtig: Wenn die Wiedereingliederung nicht klappt, ist das keine persönliche Schwäche. Manchmal braucht es einfach andere Lösungen. Holen Sie sich professionelle Unterstützung durch Psychologen, Reha-Berater oder die IV.
Die grösste Gefahr nach einer erfolgreichen Wiedereingliederung: in alte Muster zurückzufallen. Um das zu verhindern:
Warum kam es zum Burnout? War es die Arbeitsmenge, toxische Führung, fehlende Grenzen, Perfektionismus? Solange die Ursachen nicht angegangen werden, droht ein Rückfall.
Konkrete Schritte:
Achten Sie auf Signale, die auf erneute Überlastung hindeuten:
Wenn diese Signale auftreten: sofort gegensteuern. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, Ihrer Therapeutin oder Ihrem Arbeitgeber.
Planen Sie bewusst Zeit für Reflexion ein, etwa einmal pro Woche:
Nach der Wiedereingliederung sollten Sie nicht einfach «fertig behandelt» sein. Weiterhin regelmässige Gespräche mit Therapeutin, Coach oder Arzt helfen, den Prozess zu stabilisieren.
Bewegung, Schlaf, Pausen und soziale Kontakte müssen auch nach der Genesung Priorität bleiben. Sonst rutscht man schnell wieder in die alte Spirale.
Die Wiedereingliederung nach einem Burnout ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wer sich Zeit nimmt, die Stufen sorgfältig plant und die Beteiligten gut koordiniert, hat gute Chancen auf eine nachhaltige Rückkehr.
Setzen Sie sich nicht unter Druck. Es ist normal, dass es Rückschläge gibt. Entscheidend ist, dass Sie auf Ihren Körper hören, professionelle Unterstützung nutzen und gemeinsam mit Arbeitgeber und Arzt einen Weg finden, der für Sie passt.